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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 2.153 mal aufgerufen
 Der LAUSCHer
SilverScythe Offline

Moderatorin


Beiträge: 334

03.05.2008 19:57
Die Geschichte des Hörspiels Antworten
Back to the Roots:
Die Geschichte des Hörspiels, besonders im Hinblick auf Deutschland

Inzwischen kann das Hörspiel auf eine über 80-Jährige Tradition zurückblicken.
Was ereignete sich in dieser Zeit? Womit begann das Hörspiel?

Um so etwas wie ein Hörspiel zu produzieren, muss natürlich erst die Technik erfunden werden, um Schallwellen aufzuzeichnen. Dem Erfinder der Glühbirne, Thomas Alva Edison, gelang es 1876 den so genannten "Phonographen" zu entwickeln. Der Phonograph bestand aus einem Zylinder, genannt '"Edison-Trommel" und einem darauf gewickelten Staniolstreifen, auf dem eine durch Schallwellen in Vibrationen versetzte Schreibspitze Vertiefungen eindrückte.
Beim Abspielen drehte man den Zylinder, und eine Schreibspitze versetze dann eine Membran in Schwingungen, um Töne wiederzugeben.

Die allererste Aufnahme machte Edison 1877. Er sprach das Gedicht "Mary had a little lamb"und brach dann in Lachen aus. Diese Aufnahme ist der "Urvater" aller aufgenommenen akustischen Signale.

Dann dauerte es eine Weile, bis das Hörspiel entstand. Das Radio musste sich zuerst ausbreiten und eine gewisse Routine in die Arbeit mit Ton kommen. Dann, Anfang der 20er Jahre gab es in Großbritannien erste Versuche, Szenen aus Gedichten oder Büchern realitätsgetreu nachzuempfinden.
1924, im Januar, wurde dann das erste als "listening play" bezeichnete Hörspiel auf Radio London ausgestrahlt: " A comedy of danger" von Edward Hughes. Die Handlung war simpel: In einer Kohlemine verunglücken Kumpel und müssen versuchen, wieder an das Tageslicht zu kommen. Hier wird bewusst damit gespielt, dass nichts gesehen wird bzw. gesehen werden soll, weder von den handelnden Protagonisten, noch vom Publikum.

Wenige Monate später, im Oktober, erscheint dann das erste Deutsche Hörspiel.
Hans Flesch's Zauberei auf dem Sender erzählt von einem Zauberer, der sich an einer Radiostation rächen will und das Mikro verhext, so dass es sich nicht ausschalten lässt.
Der Hörer wird vom verwirrten Radiosprecher auf dem laufenden gehalten. Auch hier wird nicht versucht, optisches wirklich darzustellen, sondern der Protagonist weiß, dass seine Zuhörer nichts sieht und erzählt es ihnen deshalb.

In den nächsten Jahren wurden weiterhin Hörspiele produziert. Jedoch war eine Geräuschkulisse noch kaum oder nicht vorhanden. Erst Anfang der 30er Jahre setzte sich der Einsatz von Geräuschen als eindeutiges Merkmal eines Hörspiels durch.
Dann gab es für die Entwicklung des Hörspiels einen harten Schlag: Hitler kam an die Macht. Nachdem Joseph Goebbels die Überwachung des Rundfunks übernahm, wurden experimentelle Hörspiele verboten. Hans Flesch und viele weitere Hörspielautoren wurden in ein KZ deportiert. Flesch überlebte zwar das KZ, verschwand aber später in Berlin in den Wirren des endenden Kriegs.
Das Hörspiel wurde zum propagandistischen Mittel umgewandelt und durchlebte eine finstere Phase. Durch den so genannten "Volksempfänger" wurden diese Hörspiele in beinahe jedes deutsche Wohnzimmer gebracht. Werke wie "Deutsche Passion" von Richard Euringer wurden Abend für Abend ausgestrahlt. Zwar gab es auch Abende ohne nationalsozialistische Hörspiele, dies waren zumeist aber Gedichtsvertonungen, die keinerlei Spielraum für regimekritische Anspielungen ließen.

In den USA gab es ebenfalls Hörspiele, und 1938 wurde wohl das berühmteste US-amerikanische Hörspiel überhaupt ausgestrahlt. "The war of the worlds" von h-G. Wells schlug ein wie die buchstäbliche Bombe. Da das Hörspiel wie ein Bericht aufgemacht war, glaubten viele Amerikaner, das, was sie gerade hörten, sei die Realität. Zwar wurde am Anfang gesagt, dass es nur eine erfundene Geschichte ist, aber Menschen, die später zuschalteten, wussten dies nicht.
Deshalb gab es damals eine Massenpanik.

Nach dem 2. Weltkrieg führte die Dezentralisierung Deutschlands und des Rundfunks dazu, dass fortan Radiohörspiele von jedem Regionalsender einzeln produziert wurde, wodurch sich die Ausstrahlungen an Hörspielen deutschlandweit vervielfachten.
1951 wurde der Hörspielpreis der Kriegsblinden ins Leben gerufen. Dieser Preis war zwar nicht mit Geld verbunden, war aber dennoch eine ehrenhafte Auszeichnung. Gekürt wurde nicht das Hörspiel, was am aufwendigsten zu produzieren war, sondern das, was die Kriegsblinden als intensivstes empfanden. Diesen Preis gibt es heute noch, nur sitzen in der Jury nur noch 5 Kriegsblinde und ansonsten normale Hörspielexperten.
1952 wurde das wohl bekannteste deutsche Hörspiel ausgestrahlt: "Gestatten, mein Name ist Cox" erreichte unglaublich viele Hörer und ging durch seine Bekanntheit in die Rundfunkgeschichte ein. In dieser Zeit ist das durchschnittliche Radiohörspiel 100 Minuten lang.

In den 1960er Jahren entwickelt sich dann das kommerzielle Hörspiel. Es schlug von Anfang an eine andere Richtung als das Radiohörspiel ein: Dominierten im Radio Krimis und Erwachsenenhörspiele, so gab es beim kommerziellen Hörspiel erstmals Märchenschallplatten für Kinder. Man wählte zunächst bereits bekannte und gut gekaufte Literatur, z.B. Karl May, um sich zu etablieren.
In den späteren Jahren passierte kaum eine Neuerung. Die Einführung von Schallplatten und Kassetten half dem kommerziellen Hörspiel, sich einen Platz auf dem Markt zu machen.

Dann wurde 2004 das 80-jährige Hörspieljubiläum gefeiert, vor allem im Radio.
Die ARD-Rundfunkanstalten gaben an, in den 80 Jahren seien über 100.000 Radiohörspiele ausgestrahlt worden. Jedoch: Das durchschnittliche Hörspiel ist nur noch etwa 45 Minuten lang.
Inzwischen hat sich das Nischenprodukt "Kommerzielles Hörspiel" weitesgehend etabliert.
2005 wurde das bis dato längste Hörspiel überhaupt vom Hessischen Rundfunk produziert: "Otherland" von Tad Williams erreicht eine Länge von 24 Stunden und benötigte über 250 Sprecher.

Quellen: http://www.hoerspiel.com, Stephan B. Würffel: Das deutsche Hörspiel, Wikipedia

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Aristophanes Offline

Dunkelelf (Drow)


Beiträge: 220

04.05.2008 02:32
#2 RE: Die Geschichte des Hörspiels Antworten

Danke für den informativen Beitrag.

Existiert die Aufnahme von Edison eigentlich noch?

Es ist übrigens interessant, wenn man Hörspielaufnahmen unterschiedlicher "Epochen" miteinander vergleicht und dabei den Einsatz der Stilmittel beobachtet. Ich hab das mal mit einem Hörspiel aus den 60ern, einem aus den 80ern (meiner Kindheit) und einem aktuellen aus den 2000ern gemacht. Man kommt zu interessanten Erkenntnissen was die Entwicklungen des Hörspiels anbelangt. Ich bin gespannt, wohin die Reise noch gehen wird...

Skeletorlacht Offline

Gnom


Beiträge: 14

04.05.2008 09:48
#3 RE: Die Geschichte des Hörspiels Antworten

Danke auch herzlich.

Ganz informativ auch:

Krug, Hans-Jürgen
Kleine Geschichte des Hörspiels / Hans-Jürgen Krug. - Konstanz : UVK Verl.-Ges., 2003. - 166 S. ; 21 cm. - Literaturverz. S. 149 - 154. -
ISBN 3-89669-424-3

Alles Gute.

SilverScythe Offline

Moderatorin


Beiträge: 334

04.05.2008 10:49
#4 RE: Die Geschichte des Hörspiels Antworten
In Antwort auf:
Existiert die Aufnahme von Edison eigentlich noch?


Gute Frage. Müsste man mal beim Deutschen Rundfunk Archiv nachfragen. Da kann man ja auch noch ganz alte Hörspiele bestellen. Wenn die Aufnahme irgendwo noch zu haben ist, dann da.
Ich such mal.

Silver

Edit: Ich hab mal gesucht. Beim DRA findet man zwar nichts, aber hier
( http://www.nps.gov/archive/edis/edisonia/very_early.htm ) kann man sich sehr alte Aufnahmen von Edison anhören.
Die erste scheint nicht mehr zu existieren.

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